Tillman Berger: „Unser Unternehmen – Technoform Insulation Solutions Tooling – ist exklusiver Lieferant von Extrusionswerkzeugen für die Unternehmen der Technoform Gruppe. Unsere Werkzeuge kommen weltweit bei der Herstellung von Isolierprofilen für Aluminiumfenster, -türen und -fassaden zum Einsatz, die einen wichtigen Beitrag zur Energieeffizienz von Gebäuden leisten und langfristig CO₂-Emissionen einsparen. Wir sind stolz darauf, gemeinsam mit unserem gesamten Team den Energieverbrauch in unserem Unternehmen um insgesamt 20 Prozent gesenkt zu haben.“
Was zeichnet Ihr Unternehmen aus, besonders im Hinblick auf Nachhaltigkeit?
Technoform ist ein Familienunternehmen mit über 55 Produktions- und Vertriebsstandorten weltweit. Als Hersteller von Kunststoffprofilen ist das Unternehmen mit mehr als 1.500 Mitarbeitenden global vertreten. Seit der Gründung im Jahr 1969 ist Technoform dank spezieller Fertigungsmethoden führend im Bereich der thermoplastischen Extrusion. Die thermoplastische Extrusion ist ein Herstellungsverfahren, bei dem erhitzte Kunststoffmasse kontinuierlich durch eine formgebende Düse gepresst wird, um Profile mit komplexen Querschnitten zu erzeugen. Das einzigartige, hochpräzise Extrusionsverfahren ermöglicht die Herstellung besonders komplexer Geometrien.
Viele dieser Produkte leisten einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit: Dazu zählen beispielsweise Abstandhalter für den thermisch optimierten Glasrandbereich sowie eine breite Palette an Isolierprofilen für Aluminiumfenster, -türen und -fassaden, die zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden beitragen.
Am Standort der Technoform Insulation Solutions Tooling GmbH in Kassel-Waldau sind rund 50 Mitarbeitende beschäftigt. Dieser moderne Fertigungsbetrieb ist auf die Herstellung von Extrusionswerkzeugen spezialisiert und fertigt jährlich mehrere hundert individuelle Muster- und Serienwerkzeuge exklusiv für Unternehmen der Technoform-Gruppe.
Unsere Expertise im Werkzeugbau wurde 2023 im Wettbewerb Excellence in Production der RWTH Aachen anerkannt: Wir wurden als „Bester Werkzeugbau in der Kategorie Interner Werkzeugbau unter 50 Mitarbeitenden“ mit dem ersten Platz ausgezeichnet.
Nachhaltigkeit ist für uns ein zentraler Bestandteil der Unternehmensführung. Unsere Produkte tragen aktiv dazu bei, den Wärmebedarf von Gebäuden zu senken und damit langfristig CO₂-Emissionen zu reduzieren. Nachhaltigkeit ist für uns kein Zukunftsthema, sondern ein wesentlicher Faktor in allen strategischen Entscheidungen.
Beispiele für nachhaltige Maßnahmen bei Technoform
Sie konnten Ihren Energieverbrauch in den letzten Jahren um über 20 Prozent senken. Welche Faktoren waren dafür entscheidend und welche Maßnahmen wurden umgesetzt?
Die Reduktion des Energieverbrauchs um mehr als 20 Prozent war nur durch einen ganzheitlichen Maßnahmenmix möglich. Wir haben sowohl langfristige strategische Ansätze verfolgt als auch kurzfristige technische Optimierungen umgesetzt und verhaltensbedingte Anpassungen bei unseren Mitarbeitenden gefördert. Nur das Zusammenspiel all dieser Maßnahmen führte zu einer nachhaltigen und spürbaren Einsparung.
Als zu Beginn der Energiekrise mit drastisch steigenden Preisen und einer prognostizierten Verzehnfachung der Energiekosten schnelles Handeln erforderlich war, haben wir sofort reagiert. Ein wesentlicher Schritt war die Einführung eines Energiemonitoring-Systems. Damit erfassen und analysieren wir den Verbrauch der größten Energieverbrauchsstellen in Echtzeit. Diese Transparenz ermöglicht uns fundierte Entscheidungen zur Effizienzsteigerung.
Durch die Auswertung der Daten und den aktiven Austausch mit den Mitarbeitenden konnten wir kurzfristige Einsparpotenziale identifizieren und nutzen. Die Sensibilisierung und das Engagement der Belegschaft erwiesen sich dabei als der wichtigste Hebel für dauerhafte Veränderungen.
Im Detail umgesetzte Maßnahmen:
- Optimierung des Druckluftsystems durch Drucksenkung sowie regelmäßige Leckageortung und Reparatur
- Anpassung der Temperatur der zentralen Kühlwasserversorgung
- Abschalten von Maschinen und Anlagen nach Beendigung der Fertigung statt Stand-by-Betrieb
- Verhaltensbedingte Maßnahmen wie konsequentes Ausschalten von Beleuchtung, Maschinen, Durchlauferhitzern und Klimaanlagen
- Investitionen des Vermieters in energieeffiziente Wärmeerzeugung, Gebäudedämmung und neue Fenster haben ebenfalls zu Einsparungen beigetragen
Zukünftig planen wir, die Wärmerückgewinnung noch intensiver zu nutzen, um weitere Einsparpotenziale zu erschließen.
Die Kombination aus technologischen Innovationen, bewussten Verhaltensanpassungen und einer strategischen Planung war der Schlüssel für unseren Erfolg. Das Energiemonitoringsystem schafft die notwendige Transparenz für kontinuierliche Verbesserungen, während das Engagement unserer Mitarbeitenden eine zentrale Rolle für den nachhaltigen Energieverbrauch spielt.
Mitarbeitermotivation wird bei Ihnen großgeschrieben. Welche Vorteile sehen Sie darin, die Mitarbeitenden aktiv ins Energiemanagement einzubinden? Welche der besten Vorschläge zur Energieeinsparung kamen aus der Belegschaft?
Die Einbindung unserer Mitarbeitenden in das Energiemanagement bringt viele Vorteile mit sich. Zum einen steigert es die Motivation und das Verantwortungsbewusstsein der Beschäftigten. Wer aktiv beteiligt wird, bringt eher eigene Ideen ein und ist auch engagierter bei der Umsetzung von Maßnahmen. Das wiederum führt zu innovativen Lösungen und hilft, Betriebskosten zu senken.
Zudem stärkt die Beteiligung die Identifikation mit dem Unternehmen und fördert ein Gemeinschaftsgefühl. Unsere Unternehmenskultur basiert auf eigenverantwortlichem Handeln und die aktive Mitwirkung am Energiemanagement ist dafür ein zentraler Baustein. Regelmäßige Gespräche zu Energiethemen schaffen Transparenz und ermöglichen, Ideen schnell zu diskutieren und umzusetzen.
Einige der besten Vorschläge aus der Mitarbeiterschaft:
- Prozessoptimierung: Zum Beispiel wurden Bearbeitungsstrategien an unseren Drahterodiermaschinen geändert, was die Bearbeitungszeit deutlich verkürzt und somit Energie spart. Unsere Drahterodiermaschinen sind Präzisionswerkzeuge, die mit einem dünnen, elektrisch geladenen Draht feine Schnitte in metallische Werkstücke ausführen und so komplexe Formen mit hoher Genauigkeit herstellen.
- Analyse von Ausreißern im Energiemonitoring: Durch den direkten Austausch an den Anlagen konnten ineffiziente Energieverbräuche schnell erkannt und behoben werden.
- Ersatz ineffizienter Prozesse: Perspektivisch prüfen wir, einzelne Fertigungsschritte durch effizientere Alternativen zu ersetzen, um Energiekosten zu senken und die Produktivität zu erhöhen.
- Bessere Abstimmung zwischen Fertigung und Planung: Die verbesserte Koordination führt zu höherer Auslastung der Anlagen und effizienterem Ressourceneinsatz.
Bei Ihrem Fuhrpark setzen Sie auf elektrische Antriebe. Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen damit?
Unser Fuhrpark umfasst sowohl Hybrid- als auch vollelektrische Fahrzeuge, mit durchweg positiven Erfahrungen. Beispielsweise wird unser Lieferfahrzeug in Kassel vollständig elektrisch betrieben. Dank der mittlerweile guten Ladeinfrastruktur in Deutschland stellen auch längere Dienstfahrten keine Herausforderung mehr dar.
Seit 2021 haben wir am Standort in Kassel-Waldau in Ladeinfrastruktur investiert und betreiben aktuell fünf Ladepunkte mit insgesamt 66 kW Leistung. Da die Fahrzeuge meist lange Standzeiten haben, ist die Ladeleistung ausreichend. Um Lastspitzen zu vermeiden, laden wir unsere Poolfahrzeuge überwiegend nachts.
Wir fördern den Umstieg auf E-Mobilität aktiv, indem wir unseren Mitarbeitenden kostenfreies Laden anbieten. Mittlerweile sind über 10 Prozent der Mitarbeitenden auf Elektrofahrzeuge umgestiegen.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen im Energie- und Klimaschutzkontext in Ihrer Branche?
Obwohl wir unseren Energieverbrauch bereits deutlich optimiert haben, sehen wir in der Kreislaufwirtschaft ein großes Potenzial, um Emissionen weiter zu reduzieren und Ressourcen effizienter zu nutzen. Schon heute verfolgen wir Ansätze wie den eigenen Bauteilkreislauf, die Wiederaufbereitung von Drahtrollen und den Einsatz besonders langlebiger, verschleißfester Stähle. Bei der Beschaffung von Stahl setzen wir ausschließlich auf Lieferanten aus der EU, um kurze Transportwege und Nachhaltigkeitsstandards zu gewährleisten. Diese Maßnahmen können den CO₂-Fußabdruck bereits deutlich senken.
Ein wichtiges Anliegen ist uns auch, dass verbrauchte Materialien, etwa Messingdraht aus unseren Prozessen, lokal in Deutschland recycelt werden. Leider ist das Recycling dieser Materialien hier aufgrund hoher Energiekosten nicht immer wirtschaftlich rentabel. Oftmals sind herstellende Firmen nicht in der Lage, verbrauchte Materialien ökonomisch aufzubereiten, sodass sie ins Ausland exportiert werden – etwa nach Asien.
Insgesamt liegt die Herausforderung darin, Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Materialbeschaffung und effiziente Produktionsprozesse wirtschaftlich zu vereinen und so dem Ziel der Klimaneutralität näherzukommen.
Warum haben Sie sich bei der Standortwahl für die Region Kassel entschieden?
Die Unternehmensgründer haben sich bereits 1969 bewusst für Kassel als Standort entschieden. Seitdem hat sich Technoform zu einem globalen Konzern entwickelt, der bei der Wahl neuer Standorte besonders auf die Nähe zum Kunden achtet.
Auch in Kassel profitieren wir von einer exzellenten Verkehrsinfrastruktur, die eine effiziente Anbindung an die Kunden und Märkte ermöglicht. Darüber hinaus bietet die Region eine gute Basis an qualifizierten Fachkräften – auch wenn der Fachkräftemangel zunehmend spürbar ist.